Für das Wochenende am 5. und 6. April zeichnen sich gute Flugbedingungen in den Alpen ab, wenngleich in der Vorhersage eine schwache Kaltfront von Norden angekündigt wird, die sich gegen Samstagabend an den Nordrand der Alpen legen soll. Optimistisch wie immer versucht Martin Oelkrug seine Vereinskollegen zu einem Wandersegelflug zu motivieren. Sein Ziel ist Niederöblarn im Ennstal. Doch nur Kai Friedrich, der erst am Samstagmorgen von dem Vorhaben erfährt, will sich anschließen – alle andere haben andere Pläne oder mehr oder weniger gute Ausreden.
Der Flugweg führt die beiden bei verlässlicher Wolkenthermik über die Alb, östlich an Memmingen und Kaufbeuren vorbei Richtung Forgensee. Der Einstieg in das Ammergebirge östlich von Füssen ist etwas mühsam, der Anschluß Richtung Lechtal gelingt dann aber doch relativ problemlos.
Fast zeitgleich mit den beiden startet in Donzdorf Max Kollmar, mit dem Martin im Vorfeld schon Kontakt hatte. Auch er will in die Berge und ist ganz in der Nähe. Im Funk verständigen sich die drei nun auf Lienz in Osttirol als Flugziel, da Max dort gerne einen Vereinskameraden besuchen möchte. Der weitere Kurs führt nun an der Zugspitze vorbei Richtung Inntal. An der Nordkette entlang wird Innsbruck Richtung Osten passiert; nach dem Ende der Kontrollzone wird das Inntal gequert. Im Pinzgau angekommen, stellt sich nun der Alpenhauptkamm in den Weg. Zwischen den beeindruckenden Schneebergen Großvenediger und Großglockner gelingt aus einer Flughöhe von 3000m der Sprung nach Mattrei auf der Südseite. Der Rest des Fluges bis Lienz gleicht dann einem Spaziergang. Gegen 16 Uhr landen die drei Piloten ihre Flugzeuge sicher und glücklich auf dem Flugplatz in Lienz, wo sie von den Fliegerkameraden herzlich empfangen werden.
Die Wettervorhersage am Sonntagmorgen schreckt die Wandersegelflieger dann zunächst auf. Durch die Annäherung der Kaltfront setzt sich in Osttirol Nordföhn mit hohen Windgeschwindigkeiten durch. Der Start in Lienz und der Rückweg im thermischen Segelflug scheint schwierig bis unmöglich zu sein. Somit muss Plan B herhalten: die durch den Nordföhn ausgelösten Leewellen sollen genutzt werden, um die nötige Höhe für den Rückweg über den Alpenhauptkamm zu erreichen.
Die größte Schwierigkeit bestand darin, den Einstieg in die Welle zu finden. Nach mehreren ruppigen Anläufen durch turbulente Luft gelingt dieser am Übergang des Drautals ins Pustertal. In der Welle stellte sich ein gleichmäßig starkes Steigen bei Windgeschwindigkeiten um 100 km/h ein. Mühelos steigen CU und KF bis an den Luftraumdeckel in 5000m. Somit können die beiden bei einem phantastischen Rundumblick problemlos über den Alpenhauptkamm ins Zillertal und weiter am wilden Kaiser bis ins Alpenvorland am Chiemsee gleiten. Dort treffen sie auf schwache thermische Bedingungen, die ihnen jedoch den Heimflug am Starnberger See und am Ammersee vorbei nach Hause ermöglichen. Glücklich landen die beiden Fliegerkameraden um 16.30 Uhr auf ihrem Heimatflugplatz in Dettingen. Insgesamt konnten Kai und Martin an zwei Tagen 860 km zurücklegen und dabei atemberaubende und spektakuläre Eindrücke sammeln.
Die Flüge findet ihr in weglide: