„Morgen, 9 Uhr Wetterbriefing. Mit Zahnbürste“. So lautete die Whatsapp-Nachricht von Martin in der Streckenfluggruppe am Mittwoch, dem 30. April, denn für den 1. und den 2. Mai kündigt sich eine gute Wetterlage in Süddeutschland und den Alpen an. Der Hinweis auf die Zahnbürste deutet schonmal auf den Plan, auf einem fremden Flugplatz zu landen und dort zu übernachten, hin. Am Morgen des 1. Mai werden dann beim gemeinsamen Briefing am Beamer die neuesten Wetterinfos und Prognosen gecheckt und verschiedene Pläne diskutiert

Kai, das Arcus-Team Frieder und Uli, die Langohrbesatzung Andi und Günther sowie das Duo-Team Niels und Jochen entscheiden sich für große Flüge nach Osten und Nord-Osten. Frank, Steffen, Martin und Volker tendieren dagegen in Richtung Berge zu fliegen. Die beiden Letzteren haben deshalb auch vorsorglich Zahnbürste, Waschzeug und Ersatzklamotten im Gepäck und dieses im Flieger verstaut. Zuvor hatten sich die beiden auf Niederöblarn im Ennstal als mögliches Ziel und Übernachtungsplatz verständigt, nachdem beim letzten Mal für Martin nichts daraus wurde. Für ihn ist dieser Platz ein lang gehegtes Ziel, hatte er doch dort vor einigen Jahren seine CU zum ersten Mal besichtigt. 
Um kurz vor 11 Uhr heben die ersten Eigenstarter vom heimatlichen Flugplatz ab. Gleich die erste Thermik im Blauen ist erstaunlich gut und geht schon hoch. Über die Alb geht es ebenfalls überraschend gut, sodaß Martin, Volker und Steffen optimistisch Richtung Süden ins Oberland hinaus  gleiten, denn in der Ferne kann man in den Alpen schon bestens ausgebildete Cumulus-Wolken erkennen. Doch zunächst macht sich Ernüchterung breit, die Luft ist noch ziemlich tot. Bei Biberach ist das Trio nur noch 250 Meter über Grund. Mühsam wird ein Nullschieber zentriert, der sich dann sehr langsam entwickelt und bis ans obere Ende in 1600m ausgequetscht wird. Weiter nach Süden wird die Thermik besser und ab dem Wurzacher Ried auch schon mit Cumulis in über 2000m gezeichnet. So gestaltet sich der Einstieg in die Berge über den schwarzen Grat bei Isny und den Grünten hinweg ungewohnt easy. Im Lechtal geht es bei bester Thermik schon auf 3000m. Am Thaneller und Daniel vorbei geht es zügig weiter in Richtung Zugspitze, danach der Sprung übers Karwendel zum Achensee. Martin schaltet kurz auf die Frequenz von Innsbruck Radar. Doch die Lotsen sind heute stark beschäftigt, sodaß wir uns entschließen, diese nicht zu belästigen und um die TMA des Flughafens herumzufliegen. Deshalb bleiben wir weiter nördlich des Inntals, fliegen am Rofan vorbei zum Kienberg, wo eine vereinzelte Wolke steht. Dort in 2500m angekommen beginnen wir die Querung des Inntales in Richtung Wildschönau. Von dort geht es geradewegs weiter ins Pinzgau, das beeindruckende Panorama des Alpenhauptkamms mit dem Großvenediger immer direkt vor uns in Flugrichtung. Zwischen Gerlos und dem Pass Thurn wechseln wir direkt auf die Südseite – der Anblick der teilweise noch tief verschneiten Berggiganten ist zu verlockend. Hier verabschiedet sich Steffen in der JF, der keine Zahnbürste dabei hat und am Abend wieder zu Hause erwartet wird. Am Hauptkamm geht es nun für CU und BD Richtung Osten, der markante Großglockner grüßt uns dabei von Süden. An der Hochalmspitze vorbei queren wir kurz darauf die Tauernautobahn und erhaschen von dort einen Blick auf Mauterndorf und den Mitterberg – ein Ziel vieler Fluglager der Dettinger Fliegergruppe in den 1980er Jahren.  Von hier aus sind wir schon fast auf dem Gleitpfad auf Niederöblarn. Doch es ist erst halb vier, deshalb entschließen wir uns bei bester Wetteroptik, den Flug Richtung Osten fortzusetzen. Wir queren das Paltental beim Flugplatz Trieben und fliegen Richtung Eisenerz. Dort wird im Tagebau ein Berg abgetragen, um an die begehrten Rohstoffe zu kommen.  Kurz vor dem Flugplatz Lanzen-Turnau, knapp 100km im Osten von Niederöblarn wenden wir und genießen den Anflug auf unser Ziel; von weitem kann man schon den Hausberg von Niederöblarn, den Grimming erkennen. Kurz vor 6 Uhr setzen die CU und die BD auf der Betonbahn in Richtung 03 auf und rollen kurz vor der Halle aus.  Hier ist viel Betrieb; bereits in der Luft hat sich angedeutet, daß wir nicht die einzigen schwäbischen Übernachtungsgäste sein werden. Denn aus Laichingen waren die LA, die EBO und die Delta Kohn ebenfalls im Anflug auf Niederöblarn. Dank der Unterstützung der Laichinger erfolgt der Bezug der Zimmer am Flugplatz zügig – und kurz darauf sind die sechs Schwaben auf dem Weg ins einzige örtliche Gasthaus.


Am nächsten Morgen sind die Wettervorhersagen weiterhin gut, sodaß dem Rückflug nichts im Weg steht. Bereits um 10 Uhr sind wir wieder in der Luft und finden an den östlich ausgerichteten Hängen in einem Quertal des Ennstals schnell Thermik, die auch schon durch Wolken gezeichnet ist. Um den Tag in den Bergen auszunutzen, fliegen wir zuerst wieder nach Osten, um an dem uns bereits bekannten Tagebau bei Eisenerz zu wenden. Zurück geht es wie wir gekommen sind ziemlich auf der Linie des Hauptkammes. Etwas Probleme bereitet uns der Nordwestwind, der die Thermik auf Höhe der Kreten verwirbelt und verbläst. So kommen wir auf Höhe von Trieben etwas tief und benötigen etwas Zeit, um uns wieder ins höhere Stockwerk zu basteln. Dann läuft es aber wieder wie geschmiert auf der Südseite des Ennstal nach Westen. Auf Höhe von Zell am See wechseln wir auf die nördliche Talseite, die nicht umsonst Pinzgauer Spaziergang benannt wird. Im Geradeausflug geht es von der Schmittenhöhe ohne Höhenverlust bis zum Gerlospass. Hier müssen wir uns entscheiden, wie wir weiterfliegen wollen. Entweder über das Inntal auf der nördlichen Seite der Innsbrucker Kontrollzone durch bekanntes Gebiet – oder südlich an Innsbruck vorbei durch das hohe und uns eher unbekannte Gelände. Aufgrund der vielversprechenden Wetteroptik entscheiden wir uns für die zweite Alternative - und werden mit phantastischen Blicken auf das Zillertal, das Stubaital und in der Folge das Ötz-, Pitz- und Kaunertal belohnt. Die Querung der Täler ist einige Male etwas anspruchsvoll, am Ende finden wir nach der Querung aber immer wieder gute Thermik, deren Basis bis zum Kaunertal dann bis auf 4000m ansteigt. Am Reschenpass entscheidet sich Volker, den Kurs in Richtung Heimat zu drehen. Auf Martin haben die 4000er im Engadin dagegen eine magische Anziehungskraft, sodaß er noch weiter bis auf Höhe von Samaden fliegt. Kurz zuvor trifft er auf den Laichinger Arcus mit Kevin und Karl. Nach ein paar Bildern des beindruckenden Bernina-Massivs wenden die beiden Flugzeuge und nehmen gemeinsam Kurs auf die Heimat. Über Landeck im Inntal geht es ins Lechtal und weiter Richtung Allgäu. Am Bschießer steht der letzte Bart, dann beginnt das Gleiten ins Alpenvorland. Es geht vorbei an Leutkirch, der Kontrollzone von Memmingen und Laupheim Richtung Ulm. Die Thermik im Blauen wird schwächer, aber immer wieder finden die beiden den rettenden Bart, sodaß auch das letzte Stück über die Alb zum Genuss wird. Mit der Landung auf dem heimatlichen Fluggelände gehen zwei unvergessliche Flugtage zu Ende.   

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